Die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wird in der heutigen Informationsgesellschaft zunehmend durch Medien beeinflusst. Ein übermäßiger und unselektierter Medienkonsum kann im Kindes- und Jugendalter die geistige, sprachliche, emotionale und soziale Entwicklung beeinträchtigen und verzögern. Ein die Entwicklung fördernder Umgang mit den Massenmedien wird als Medienkompetenz bezeichnet.
Die Auseinandersetzung der Heranwachsenden mit den in der Phase der Adoleszenz an sie gestellten jugendspezifischen Entwicklungsaufgaben bedeutet einen wesentlichen Schritt zum gesunden Erwachsenwerden. Der Lebensstil und die Persönlichkeitsentwicklung der heranwachsenden Generation wird vermehrt durch Massenmedien, insbesondere durch Werbung beeinflusst. Somit steht der Konsum von Genuss- und Suchtmitteln, der eine Form der Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit den an sie gestellten Aufgaben darstellen kann, in einem engen Kontext mit der Wahrnehmung von Werbung für diese Produkte.
Tabakwaren zählen zu den meistbeworbenen Produkten. Zigarettenwerbung stellt einen Schlüsselreiz für das Rauchverhalten Heranwachsender dar, da sie ein wesentlicher Einflussfaktor sowohl beim Rauchbeginn als auch beim Übergang vom ersten Probieren hin zum regelmäßigen Rauchen ist. Die Markenpräferenzen der rauchenden Kinder und Jugendlichen werden entscheidend durch Zigarettenwerbung geprägt. Die Zigarettenindustrie orientiert sich in ihren Kampagnen verstärkt an den Bedürfnissen, Interessen und dem Lebensstil Heranwachsender.
Die immer raffinierter gestaltete Werbung kann jedoch gezielt genutzt werden, um die Medien- und Werbekompetenz Heranwachsender zu schulen. Eine kritische und praktische Auseinandersetzung mit der Werbung kann die der Werbung zugrunde liegenden Motive aufdecken und ihre manipulativen Elemente enttarnen. Kritik ist ein Prozess, der dem Wesen und den Bedürfnissen der jungen Generation entspricht und in einem nicht zu vernachlässigenden Anteil durch die Sozialisation durch Medien gefördert wird. Werbung spricht die Konsumentinnen und Konsumenten ganzheitlich an. In diesem Sinne muss auch die Auseinandersetzung mit der Werbung ganzheitlich erfolgen. Durch ein Ausprobieren der technischen Möglichkeiten, deren sich die Werbung bedient, können die Motive und Absichten der Werbung zutage befördert werden. Die selbstständige Auseinandersetzung mit den Elementen und Gestaltungsmöglichkeiten der Werbung entspricht ihrem Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstkontrolle. Werbung wird in diesem Zusammenhang nicht verteufelt, sondern ihr gesellschaftlicher Wert und ihre Funktion werden für eigene Ziele genutzt.
Das Medienprojekt „Wir lassen uns nicht manipulieren“ wird seit dem Jahr 2000 von der Landesvereinigung für Gesundheitsförderung Thüringen e.V. – AGETHUR in Kooperation mit dem Landesfilmdienst Thüringen e.V. bzw. anderen medienpädagogisch tätigen Einrichtungen in Thüringen umgesetzt. Es setzt bereits im Grundschulalter an, da das Risiko von körperlichen Folgeschäden und einer Abhängigkeit umso höher ist, je früher mit dem Rauchen begonnen wird. Als Interventionssetting werden in der modellhaften Umsetzung durch die AGETHUR Schulen in sozialen Brennpunktgebieten bzw. benachteiligten Quartieren ausgewählt, da das Rauchverhalten eine zum Teil stark ausgeprägte soziale Polarisierung aufweist. Es wurden bisher Erfahrungen in Grund- und Regelschulen sowie Förderzentren gesammelt. Die Umsetzung des Medienprojekts erfolgt mit großzügiger Unterstützung der AOK Thüringen.