Die Einwohneranzahl im Stadtteil beträgt ca. 2400, davon ca. 590 unter 18 Jahre, das sind ca. 24% (in Worms insgesamt ca. 18%). Etwa 500 Menschen haben eine ausländische Staatsangehörigkeit (20,6% der Bevölkerung, in Worms insgesamt 11%). Bei den Familien, die im Nordend wohnen, handelt es sich vorrangig um deutsche, türkische und amerikanische Familien sowie um Spätaussiedlerfamilien.
Die Infrastruktur im Stadtteil ist unzureichend. Es fehlen Ärzte, Banken, Poststellen, Freizeitstätten, Spielplätze für Jugendliche und zentrale Gemeinschaftsräume. Dennoch ist die Fluktuation im Stadtteil insgesamt eher gering.
Der Stadtteil besteht aus mehreren Wohnquartieren, die teilweise durch Bahnlinien und eine Bundesstraße voneinander getrennt sind. Durch ungünstige Verbindungen ergeben sich teilweise lange Wegstrecken zu Institutionen wie Grundschule, Hauptschule und Kindergärten sowie zu den Einkaufsmöglichkeiten.
Im Stadtteil verdichten sich gesamtgesellschaftliche Problemlagen und Entwicklungen wie Arbeitslosigkeit, Wohnungsnotstände, mangelnde gesellschaftliche Teilhabe und Perspektivlosigkeit, die sich auf die Entwicklungs- und Bildungschancen der Bewohner - vor allem der Kinder - nachteilig auswirken. Die soziale Benachteiligung der Kinder und Familien wird durch die fehlende Infrastruktur, räumliche Isolation und Stigmatisierung des Gebietes verstärkt.
Der Caritasverband Worms e.V. hat im Wormser Nordend an zwei Standorten Einrichtungen zur gemeinwesenorientierten Arbeit aufgebaut: die Spiel- und Lernstube Nordend im Wohngebiet „Am Holzhof“ ist eine Kontakt- und Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 14 Jahren und deren Eltern. Mit dem Ladengeschäft „Stadtteilbüro Nordend“ besteht ein weiterer Standort für Erwachsene.
Die Spiel- und Lernstube Nordend befinden sich am äußersten Rand der Siedlung in einem Schlichtbau für obdachlos eingewiesene Personen. Die Wohnungen sind geringsten Standards, die einzige Wasserstelle in den Wohnungen befindet sich in der Küche, es existieren weder Bad noch Dusche. Nach mehreren räumlichen Erweiterungen und einer grundlegenden Renovierung verfügt die Spiel- und Lernstube Nordend nun über vier Wohnungen mit insgesamt 180 qm. Das Außengelände mit ca. 300 qm ist ungünstig geschnitten und bietet nur bedingt die Möglichkeit für Großgruppen- oder Ballspiele.
Die Spiel- und Lernstube besteht an ihrem jetzigen Standort seit 1984, zuvor bereits ab 1974 im Wohngebiet „In den Trumpen“. Die stadtteiloffene Einrichtung arbeitet mit dem Ziel, der sozialen Benachteiligung der Kinder und Familien durch sozialpädagogische Hilfen entgegenzuwirken und die schulische und soziale Integration der Kinder zu fördern. Das Team aus sozialpädagogischen Fachkräften (2,5 Planstellen und eine Planstelle im Berufspraktikum) wird unterstützt durch einen Zivildienstleistenden, eine Kraft im Freiwilligen Sozialen Jahr und durch Honorarkräfte.
Die Angebote gliedern sich in die Hausaufgabenhilfe in Kleingruppen mit individuellen Förderplänen und integrierter Sprachförderung, die freizeitpädagogischen Maßnahmen im Rahmen des Offenen Treffs und der Ferienprogramme sowie die Elternarbeit. Der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund beträgt je nach Angebot zwischen 50 % und 60%.
Ergänzend zu den Angeboten der Spiel- und Lernstube Nordend arbeitet das Stadtteilbüro Nordend ebenso mit und für die Menschen des Nordends. Die Arbeit bewegt sich auf verschiedenen Handlungsebenen: Durchführung von psychosozialer Beratung bei rechtlichen, sozialen und persönlichen Fragestellungen, bei Fragen im Umgang mit Behörden, Formularhilfen, Ladenservice, Durchführung von soziokulturellen Veranstaltungen im Stadtteil (Stadtteilfest, Weihnachtsmarkt), Durchführung von Stadtteilangeboten (Stadtteilfrühstück), Sanierungsbegleitung, Entwicklung und Umsetzung eines niedrigschwelligen medizinischen Versorgungsangebotes für obdach- und wohnungslose Menschen.
Im Rahmen der Ausschreibung des rheinland-pfälzischen Sozialministeriums für innovative soziale Projekte entwickelten Spiel- und Lernstube und Stadtteilbüro aus bereits praktizierten einzelnen Angeboten im Bereich der Gesundheitsförderung und weiteren Angebotsideen ein vernetztes, ganzheitliches Konzept. Dieses Programm wurde mit dem Innovationspreis „Sozial aktiv“ des Landes Rheinland-Pfalz prämiert.
Auf der Basis der institutionalisierten Arbeit der beiden Einrichtungen, die von den Bewohnerinnen und Bewohnern und den ansässigen Institutionen anerkannt sind, bot es sich an, den Aspekt der Gesundheitsförderung in die Arbeit weiter zu integrieren und zu stärken. Der zweite Armutsbericht der Stadt Worms 2005 stützt die Arbeit flankierend. Ansatzpunkte für die Arbeit im Bereich der Gesundheitsförderung waren u.a. folgende Beobachtungen:
Familien nehmen Vorsorgeuntersuchungen wenig in Anspruch, Kinder sehen Bewegung nicht als adäquate Alternative zu dem vorhandenen erhöhten Medienkonsum, Kinder kommen zur Hausaufgabenhilfe oft ohne Mittagessen, Kinder bringen bei Ausflügen keine oder wenig nahrhafte Verpflegung mit, Kinder kennen viele Obst- und Gemüsesorten nicht, Kinder wachsen oft in einem gesundheitsgefährdenden Umfeld auf (Tabak- und Alkoholkonsum der Eltern, emotionale Vernachlässigung).
Die Spiel- und Lernstube Nordend und das Stadtteilbüro Nordend entwickelten ein Programm mit drei Schwerpunkten:
1. Schwerpunkt: Bewegungsförderung für Kinder, Erwachsene und Familien
2. Schwerpunkt: Änderung des Ernährungsverhaltens
3. Schwerpunkt: Stärkung der Vorsorge