Das Projekt wurde bezogen auf die Prozesse und die Ergebnisse bzw. Effekte in einem Kontrollgruppendesign und einer Prä-Post-Untersuchung evaluiert. Dabei wurden quantitative und qualitative Forschungsmethoden eingesetzt und es wurde versucht, Prozesse und Ergebnisse aus mehreren Perspektiven (Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, beteiligte Fachkräfte) zu analysieren.
Es fanden Untersuchungen mit allen am Projekt teilnehmenden Kindern, Eltern und Erzieherinnen bzw. Erziehern (278 Kinder, 44 Erzieherinnen/ Erzieher) und einer Kontrollgruppe (188 Kinder, 51 Erzieherinnen/Erzieher) zu drei Zeitpunkten (zu Beginn, nach 6 Monaten und bei Projektende nach 18 Monaten) statt.
Soziostrukturelle Daten der Einrichtungen wurden mittels des standardisierten Fragebogens SERKi (Selbstevaluations- und Reflexionsfragebogen für Kindertageseinrichtungen [Fröhlich-Gildhoff und Glaubitz 2006, 2007]) erhoben.
Die Erzieherinnen und Erzieher wurden hinsichtlich ihrer pädagogischen Haltung und ihrer Erwartungen an das Projekt mittels eines standardisierten Fragebogens befragt.
Das Verhalten der Kinder wurde mittels des Fragebogens VBV (Verhaltensbeurteilungsbogen für Vorschulkinder, vgl. Döpfner et al. 1993) von Erzieherinnen bzw. Erziehern und Eltern beurteilt. Darüber hinaus wurde der Entwicklungsstand der Kinder mit einem normierten Instrument (Wiener Entwicklungstest, WET [Kastner-Koller und Deimann 2002]) und ebenso die Einschätzung des Selbstkonzepts mittels eines solchen Instruments (SKF – Selbstkonzept-Fragebogen für [Vorschul-]Kinder, vgl. Fröhlich-Gildhoff et al. 2007) erhoben.
Die Eltern wurden hinsichtlich ihrer erzieherischen Haltung und ihrer Erwartungen an das Projekt gleichfalls mit einem standardisierten Instrument befragt. Parallel wurden alle Prozessschritte und -elemente während der Laufzeit des Projekts sehr sorgfältig dokumentiert und protokolliert. Dies betraf die Trainings mit den Eltern, die Elternkurse, die Fallbesprechungen, die Familiensprechstunden, die Sitzungen der Projektsteuerungsgruppe sowie den Reflexionsbesuch der Projektleitung in den Kindertageseinrichtungen. Die Daten wurden inhaltsanalytisch ausgewertet.
Die Ergebnisse beider Untersuchungszeitpunkte (t1 und t2) zeigen positive Tendenzen:
In der Auswertung der zur Verfügung stehenden Instrumente der Prozessevaluation (Protokolle der Trainingsprogramme, Interviews mit Erzieherinnen bzw. Erziehern und Eltern) zeigte sich, dass das Programm bei allen beteiligten Zielgruppen auf eine äußerst gute Resonanz gestoßen ist. Es konnten konkrete positive Veränderungen bei den Kindern beobachtet werden, die Zusammenarbeit zwischen Eltern und den Fachkräften der Kindertageseinrichtungen verbesserte sich, und das Projekt förderte – als „Nebeneffekt“ – positiv die Teamentwicklung in den Kindertageseinrichtungen.
Die Ergebnisse der standardisierten und normierten Testverfahren weisen darauf hin, dass sich der Selbstwert der Kinder in der Durchführungsgruppe im Vergleich zum Ausgangszeitpunkt und zur Kontrollgruppe verbessert hat. Die kognitive Entwicklung veränderte sich ebenfalls positiv bei den Kindern der Durchführungs- und Entwicklungsgruppe gegenüber Ausgangszeitpunkt und Kontrollgruppe.
Folglich zeigen sich auf qualitativer wie quantitativer Ebene erstaunlich positive Effekte für den kurzen Durchführungszeitraum und für ein Präventionsprojekt. Dies spricht dafür, dass der intensivierte fachlich pädagogische und psychologische Einsatz auf den verschiedenen Ebenen erfolgreich ist.
Besonders erstaunlich, weil in dieser Weise nicht erwartet, sind die signifikant positiven Effekte auf die kognitive Entwicklung der Kinder. Die spezifische kognitive Förderung war nicht primäres Ziel im Projekt. Andererseits scheinen sich hier indirekte Effekte einzustellen: Die Kinder können durch eine verbesserte Selbststeuerung, durch eine erhöhte Selbstsicherheit, aber auch durch verbesserte Problemlösungsfähigkeiten die angebotenen Inhalte in den Kindertageseinrichtungen – die sich mehr und mehr zu Bildungsinstitutionen entwickeln – aufnehmen. Möglicherweise führt auch ein reflektierteres Verhalten der Eltern dazu, dass die Kinder adäquater in ihren Entwicklungsprozessen unterstützt werden. Insgesamt kann das Programm – sofern sich die Effekte stabilisieren – auch zu einer verbesserten Chancengerechtigkeit führen. So hat sich gezeigt, dass der niederschwellige Zugang des Projekts einen schnelleren Kontakt (auch) zu sozial benachteiligten Familien ermöglicht, sodass diese bessere Unterstützungsmöglichkeiten bekommen können.
Literatur
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