Das Projekt „Gesund sind wir stark!“ gliedert sich in eine Vorbereitungs-, eine Schulungs- und eine Umsetzungsphase. In der Vorbereitungsphase wurde von Projektpartnern und Dozentinnen unter Einbezug von muttersprachlichen Expertinnen und Experten sowie durch Gespräche mit Fokusgruppen das kultursensible Schulungscurriculum erarbeitet (Grabow, K. et al., 2007). Zwischen 2006 und 2008 wurden dann zum einen Gesundheitstrainerinnen und -trainer und zum anderen Gesundheitsmentorinnen und -mentoren durch persönliche Ansprache in den Netzwerken und den einzelnen Stadtteilen akquiriert und ausgebildet.
Voraussetzung für die Auswahl als Gesundheitstrainerin und -trainer ist eine professionelle Tätigkeit im Zusammenhang mit Schwangeren und Familien mit Migrationshintergrund; wünschenswert ist ein eigener Migrationshintergrund. Als Gesundheitstrainerinnen und -trainer sind zurzeit beispielsweise Hebammen, Erzieherinnen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes und des sozialmedizinischen Dienstes tätig, die freiberuflich, in Kitas, in Stadtteiltreffs und Familienberatungsstellen arbeiten. Sie lassen das Erlernte in ihre Begleitung und Beratung von Familien einfließen. Die Schulung für Gesundheitstrainerinnen und –trainer umfasst zehn ganztägige Module und dauert insgesamt elf Tage.
Als Gesundheitsmentorinnen und -mentoren kommen Menschen mit Migrationshintergrund in Betracht, die in ihrem Umfeld, in ihrem Kiez und Stadtteil bekannt und anerkannt sind und deshalb Schlüsselpersonen darstellen. Sie besitzen einen guten Zugang zu Familien in ihrem Umkreis. Die Schulung von Mentorinnen und Mentoren besteht aus 40 halbtägigen Modulen und dauert insgesamt 20 Tage.
Das Schulungscurriculum besitzt drei Schwerpunkte: Einführung in die systemische Beratung, Ernährung und Bewegung.
Der Schwerpunkt Einführung in die systemische Beratung behandelt die Themen klientenzentrierte und systemische Beratung, das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun, sowie Transaktionsanalyse und Supervision. Er bereitet insbesondere Gesundheitsmentorinnen und -mentoren, die – anders als die Gesundheitstrainerinnen und -trainer – wenig Vorkenntnisse in der Beratung besitzen, auf ihre beratende Tätigkeit vor.
Der Schwerpunkt Ernährung umfasst die Themen Ernährung in der Schwangerschaft, Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern, Kinderernährung ab dem zweiten Lebensjahr und Ernährung in der Familie. Dabei werden die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund zugrunde gelegt. Die Empfehlungen wurden in Zusammenarbeit mit muttersprachlichen Expertinnen und Experten an die Ernährungsgewohnheiten und kulturellen Besonderheiten der Zielgruppe angepasst.
Gegenstand des Schwerpunktes Bewegung sind beispielsweise Bewegung und Sport in der Schwangerschaft und nach der Geburt, die Rolle der Eltern, die Bedeutung des Spielens sowie Prävention von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. In diesem Bereich soll vor allem der Spaß an Bewegung bei den Familien geweckt werden. Vermittelt wird, dass Bewegung in den Alltag der ganzen Familie integriert und Bewegungsgewohnheiten entwickelt werden sollten.
Ausgebildete Dozentinnen vermitteln die Schwerpunktthemen an die Teilnehmenden. Die einzelnen Schulungseinheiten sind wie Workshops gestaltet, die einen kurzen Input von Fachwissen bieten und viel Raum für Arbeit in Kleingruppen, Präsentationen und Rollenspiele, praktische Koch- und Bewegungseinheiten sowie Exkursionen zu wichtigen Einrichtungen im Stadtteil lassen. Dieses Vorgehen ermöglicht Lehrenden und Lernenden eine am Bedarf der Zielgruppe orientierte Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten, die kulturelle Aspekte und eigene Erfahrungen berücksichtigt und daher hohe Akzeptanz und Motivation schafft.
Nach Abschluss der zehn beziehungsweise 40 Schulungsmodule erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Zertifikat. Die Schulung für Gesundheitstrainerinnen und -trainer wurde zwischen Herbst 2006 und Ende 2008 dreimal durchgeführt. Von insgesamt 53 Teilnehmenden haben 47 das Zertifikat erhalten. Die Schulung von Gesundheitsmentorinnen und -mentorinnen hat im gleichen Zeitraum einmal stattgefunden. Von anfangs 18 Teilnehmenden haben zehn das Zertifikat erhalten. Die hohe Abbruchquote erklärt sich durch die Aufnahme von Beschäftigungsangeboten, familiäre Lebensumstände und veränderte persönliche Orientierungen.
In der anschließenden Umsetzungsphase, die bereits in der zweiten Hälfte der Schulung einsetzte und über das Ende der Projektlaufzeit hinaus läuft, integrieren die Gesundheitstrainerinnen und -trainer das erworbene Wissen in ihre professionelle Beratung und Begleitung. Die Gesundheitsmentorinnen und -mentoren sprechen dagegen Familien und insbesondere Mütter in ihrem Umfeld, in der Nachbarschaft, in Stadtteiltreffpunkten und auf Kiezfesten an und geben ihre Erfahrungen und ihr Wissen weiter. Insgesamt wurden über die 57 Qualifizierten bis Mitte 2009 etwa 1500 bis 2000 Familien in Form von individuellen und Gruppenberatungen erreicht.
Trainerinnen und Trainer sowie Mentorinnen und Mentoren werden bei ihrer Tätigkeit durch Supervision und Qualitätszirkel sowie Coaching kontinuierlich begleitet. Dort können sie Beratungssituationen und -themen besprechen und erhalten Unterstützung in ihrer Rolle als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.