In der Modellphase wurden nur Schulen mit sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern in das Projekt aufgenommen (Grund-, Haupt- und Förderschulen in strukturschwachen Stadtteilen/Gebieten). Mittlerweile können sich Schulen aus ganz Niedersachsen und allen Schulformen in jedem Jahr für das Projekt und damit für eine zweijährige Begleitung eines gesundheitsförderlichen Schulentwicklungsprozesses bei der Koordinationsstelle der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. bewerben. Bei der Auswahl werden Schulen mit sozial benachteiligter Schülerklientel weiterhin bevorzugt. Die Ausschreibung wird in jedem Frühjahr im niedersächsischen Schulverwaltungsblatt veröffentlicht.
Die Fachkräfte für schulisches Gesundheitsmanagement unterstützen die Schulen dabei, eine Projektstruktur für schulisches Gesundheitsmanagement aufzubauen. Kernelement dabei ist die Steuerungsgruppe, in der idealerweise Lehrer, Schüler und Eltern vertreten sind. Aus der betrieblichen Gesundheitsförderung abgeleitet bestimmt die Steuerungsgruppe die schulinternen Ziele, erstellt einen Projektplan, koordiniert den Projektverlauf vor Ort und bewertet die Ergebnisse. Dabei werden sie von den Fachkräften für Gesundheitsmanagement begleitet und unterstützt.
Die Schulen orientieren sich innerhalb des Projektes an folgendem Lernzyklus, der sich stark an dem prozessorientierten Vorgehen aus dem Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements orientiert.
Die konkrete Entwicklung einzelner Maßnahmen übernehmen dann die sogenannten Gesundheitszirkel, die sich jeweils eines bestimmten Themas annehmen: zum Beispiel Neugestaltung des Schulhofs und der Klassenzimmer, saubere und menschenwürdige Toiletten, Verbesserung der allgemeinen Arbeits- und Lernatmosphäre, die von gegenseitigem Respekt geprägt sein soll, oder bessere Kommunikation innerhalb des Lehrerkollegiums und mit der Schulleitung. In einer berufsbildenden Schule beispielsweise, an der Schüler nur an bestimmten Tagen unterrichtet werden, muss die Kommunikation auf anderen Wegen erfolgen als in einer Gesamtschule, in der der Unterricht jeden Tag stattfindet und das gesamte Lehrerkollegium anwesend ist.
Ein Thema, das in einem Gesundheitszirkel einer Förderschule behandelt wurde, war die Leistungsüberprüfung. Die Lehrer in der Schule suchten nach alternativen Möglichkeiten, um die Leistungen ihrer Schüler zu bewerten. Hat ein Schüler zum Beispiel 100 Fehler in einem Diktat gemacht, setzt sich dann hin und übt und hat danach nur noch 80 Fehler, dann ist das eine Verbesserung um 20 Prozent. Das deutsche Leistungsbewertungssystem mit Noten von eins bis sechs bietet in diesem Fall aber keine Möglichkeit, die Bemühungen und den Erfolg solcher Schüler zu würdigen, denn auch 80 Fehler im Diktat bedeuten immer noch unweigerlich die Note sechs. Deshalb wollten die Lehrer eine Möglichkeit erarbeiten, ihren Schülern auf eine andere Art und Weise zu zeigen, dass sie ihre Bemühungen und Anstrengungen schätzen und anerkennen. Insgesamt lässt sich zeigen, dass (wie auch im Betrieblichen Gesundheitsmanagement) besonders hohe Effekte für Gesundheit und individuelles Wohlbefinden erreicht werden, wenn es einer Schule gelingt, eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung aufzubauen, die Kommunikationsstrukturen zwischen allen Gruppen zu verbessern und so das Schulklima zu optimieren.
Die Schulen gehen bei ihrer Arbeit problemorientiert vor: Sie analysieren mögliche Ursachen für bestehende Schwierigkeiten und suchen nach Lösungswegen. Hier unterstützen die Fachkräfte für schulisches Gesundheitsmanagement die Schulen bei der Befragung von Lehrern und Schülern beispielsweise zur gegenwärtigen Situation an der Schule und helfen bei der Moderation von Gesundheitszirkeln.
Nachdem ein Gesundheitszirkel zu einem bestimmten Thema gearbeitet hat und Lösungsansätze entwickelt wurden, geht es dann um die Umsetzung dieser Maßnahmen. Vieles kann oftmals in Eigenregie entwickelt und umgesetzt werden. Hierzu zwei Beispiele aus den Projektschulen:
- Neugestaltung und Verschönerung des Schulhofbereiches durch Schülerinnen und Schüler innerhalb einer Projektwoche
- Entwicklung von Vereinbarungen zur verbesserten Informationsweitergabe und gezielteren Absprachen innerhalb eines Kollegiums.
Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern hat sich in einigen Projekten als sehr erfolgreich herausgestellt. Oftmals sind in der Elternschaft Ressourcen vorhanden, die für die Umsetzung von Maßnahmen ausgesprochen hilfreich sind. Auch hier wieder ein Beispiel aus einer Projektschule:
- Die Mutter einer Schülerin war bereit, ihre Kenntnisse aus dem Bereich des Feng Shui kostenlos bei der Umgestaltung eines Klassenraumes zur Verfügung zu stellen. Dieser Raum gilt nun als Vorzeigeexemplar der Schule.
Die Bedeutung der räumlichen Innen- und Außengestaltung der Schulen für das Schulklima, aber auch für Lernen und Erziehung ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. In der Architekturpsychologie gilt der Raum als „der dritte Lehrer“ (neben den Peer und der Lehrkraft), der nicht nur ein erwünschtes Sozialverhalten, sondern auch Lernen ermöglicht bzw. verhindert durch die Wirkung von Farbe, Akustik, Beheizung/Kühlung, Sonnenschutz, ergonomische Einrichtung, individuelle Möblierung usw.
Bei der Umsetzung der Maßnahmen werden die Schulen dazu ermutigt, sich verschiedener Unterstützungsmöglichkeiten zu bedienen. Dabei wird je nach Thema die Zusammenarbeit mit Schulträgern, den Beratungsangeboten der Landesschulbehörden, regionalen Unternehmen, Fachhochschulen usw. empfohlen.
Die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. und die Projektpartner organisieren zudem Informationsveranstaltungen für die Projektschulen, in denen sie Kenntnisse zum integrierten Gesundheitsmanagement vermitteln. Sie bieten darüber hinaus Workshops zu den Themen Ressourcenmanagement, Sponsoring sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an. Ziel ist es stets, die Selbstständigkeit der Schulen zu fördern und sie langfristig von der Beratung unabhängig zu machen.
Dabei werden verschiedene Zielgruppen angesprochen. So gibt es Fortbildungen für Schulleiter, Tagungen für Schülerinnen und Schüler oder auch Informationsveranstaltungen für SteuerungskreissprecherInnen.
Für Schulen, die noch nicht sicher sind, ob das Programm für sie das Richtige ist, besteht mittlerweile die Möglichkeit, ein „Probejahr“ zu durchlaufen. Die Schulen werden in dieser Zeit von einer Fachkraft für schulisches Gesundheitsmanagement betreut, um GESUND LEBEN LERNEN und die Arbeit im Programm kennenzulernen.
Schulen, die sich für die Durchführung des Programms entschieden haben und nach einer zweijährigen Betreuungsphase in die Selbständigkeit entlassen wurden, wird ein regionales Netzwerk GESUND LEBEN LERNEN als Forum zum Informationsaustausch und zur gegenseitigen Unterstützung bei der Weiterarbeit angeboten.